Fastnachtszug 1965

Wochenlange Vorarbeit der Kyllburger Karnevalisten trug ihre Früchte / Sonntag fand ein närrischer Umzug statt

KYLLBURG. Die Karnevalsgesellschaft „Mier sein erom do“ hatte am Fastnachtssonntag ihren großen Tag. Sie war wirklich da und mit ihr ganz Kyllburg. Ja, man kann die Feststellung sogar noch erweitern, auch viele Gäste waren da. In Trier hätte man gesagt „Milliunen Leit“. In Kyllburg waren es einige Tausend — und sie hatten ihren Spaß. Die wochenlage Arbeit der Kyllburger Karnevalisten wurde ihnen zur Freude — das Kurstädtchen stand kopf.

Die närrischen Tage hatten in Kyllburg ihren Anfang mit einem großen Ball im „Kurfürst“ genommen, wo es bis in die Morgenstunden des Sonntag rund ging. Kaum Zeit zum Verschau-fen (sprich schlafen) für die Karnevalisten und schon ging es wieder los. Schon kurz nach 12 Uhr war am Sonntag Kyllburg das Ziel der Närrinnen und Narren aus den Orten der Umgebung. Sie säumten dicht an dicht die Hoch- und Bahnhofstraße, als der Karnevalszug vom Stift herunterkam und sich singend, lachend und schunkelnd durch das Menschensplier drängte. „Kyllburg Helau“ — mit diesem „Schlachtruf“ wurden die origii-nellen Wagen begrüßt und so schallte es auch immer wieder von den Wagen herunter in die Massen.

Ja, und für die, welche nicht dabei waren, soll aber auch berichtet sein, daß nicht nur die Stimmung hohe Wogen schlug, sondern daß es auch tatsächlich etwas zu sehen gab. Der Karnevalszug war schon fürs Auge eine Frühlingswiese. Prächtig wie immer der Kyllburger Musikverein in seinen karnevalistischen Kostümen, dann die Funken und die Stadtgarde. Oh diese Funken und die Garde, sie verstanden ihr Metier auf Schau zu machen und die Aufmerksamkeit der Massen auf sich zu lenken. Präsident Allmann in seinem bunt geschmückten Präsidentenwagen mußte immer wieder sein Zepter schwingen und Süßigkeiten verteilen. Ja, auch das gabs zentnerweise.

Und was sollten die Wagen bedeuten? Da kam die Bundeswehr beispielsweise als „Bundes-Schleifanstalt“ nicht allzugut weg. Die Kyllburger Turnhalle wurde auf einem anderen Wagen in weite Ferne gerückt und von der Feuerwehr kritisch bewitzelt. Der Kirchenchor war mit einem lieblich dekorierten, auf Frühling zurechtgemachten Wagen, ebenfalls vertreten. Die Kyllburger Büttenkanone „Bolze Nellchen“ hatte sich einen Ruderboot-Verleih zugelegt, der eigentlich in Spanien sein sollte. Ja, und die Stadtpolitik war natürlich auch unter der Lupe. Konnte man das übersehen, den Wagen mit dem prangenden Spruch „Wasser ist zum Pumpen“ da oder den anderen Wagen unter dem Motto „Das Kyllburger Freibad geht im Winter baden“ — soll unter Wasser stehen wie man hörte. Ja, die KG „Mier sein erom do“ hatte sich schon einiges einfallen lassen und es war toll, wie sei dabei von den Kyllburgern unterstützt wurde. Ein großer Teil der Bevölkerung war nämlich im Zug zu sehen. Da gab es ganz originelle Originale, beispielsweise den „Maßhalte-Mann“, wie er das verstand, sah man den dicken Zigarren und vielen Bierkrügen an, die er mitschleppte. Oder die Zigeuner-Gruppe, die ganz wunderbar aufgemacht war.

Wie der Karnevalszug „angekommen“ ist, das erlebten die Kyllburger dann nach Schluß des Zuges, der übrigens in den Straßen immer wieder Marschpausen einlegte, damit auch alle Zaungäste etwas davon hatten. So wars richtig, man begeisterte die Zuschauer und diese hatten es dann anschließend gar nicht eilig, nach Hause zu fahren. Das gastliche Kyllburg hielt sie noch Stunden gefangen…

An dieser Stelle soll aber auch noch vermerkt sein, daß Kyllburg sich wieder einmal mehr einen Namen als Hochburg des Eifeler Karnevals gemacht hat. Dort hat man gezeigt, daß nicht immer „Märchen“ — feste DM — notwendig sind, um etwas auf die Beine zu stellen. Man muß zusammenstehen und jeder seinen Teil zum Gelingen der Sache beitragen. Daß es im Ablauf des Jahres auch einmal etwas ganz Närrisches sein darf und soll — wer will es uns verübeln, wo das Jahr doch in 365 Tagen soviel unangenehme Überraschungen bereithält. Für die schöne Seite des Lebens lohnt es sich dann auch einmal gemeinschaftliche Arbeit, zu leisten. Da-für sei den Kyllburgern, namens der Besucher am närrischen Karnevalssonntag gedankt und die KG „Mier sein erom do“ dankt zum Schluß allen Kyllburgern, die mitmachten…

Trierische Landeszeitung, 02.03.1965

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